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30 Jahre Joint Venture

von Götz Widmann

Joint Venture ist die Geschichte von zwei Freunden, Kleinti und Götz. Wir lernten uns kennen als wir 20 waren. Beide waren wir Hobbymusiker, aber unsere ersten 5 gemeinsamen Jahre verbrachten wir in erster Linie mit Party machen, wenn wir uns sahen, was nur ab und zu vorkam, weil Kleinti in Bonn wohnte und ich in Heidelberg. Dann verliebte ich mich in eine Frau in Bonn und zog kurzzeitig später zu ihr, was die Frequenz der gemeinsamen Parties unmittelbar dramatisch erhöhte. Schon eine Weile vorher hatten wir ein neues gemeinsames Hobby entdeckt, was wir jetzt immer öfter praktizierten: Kiffen und dabei alberne Songtexte schreiben, zunächst auf Melodien von Liedern die es schon gab, später auch immer mehr auf eigene. Unser ständig wachsendes Repertoire präsentierten wir ob gebeten oder ungebeten auf Parties oder ähnlichen Anlässen einer Welt, die definitiv nicht auf uns gewartet hatte.

Da wir beide zwar schon seit frühester Pubertät von einer Existenz als Rockstar träumten aber keinerlei Vorstellung davon hatten wie sich die Erfüllung eines solchen Traumes in der Realität umsetzen lassen könnte hingen wir mehr oder weniger lustlos in bürgerlichen Kompromisssen fest. Kleinti hatte nach Abitur und Wehrdienst bei der Marine eine Ausbildung als Gas-Wasser-Installateur gemacht, paar Jahre eine Kneipe in Bonn geführt und dann eine Zweitausbildung zum Food-and-Beverage-Manager im Maritim-Hotel Bonn absolviert, wo er dann als Trainee übernommen worden war und sich jetzt in 60-Stunden-Wochen gnadenlos ausbeuten lassen musste.  Ich selbst hatte gerade unter unsäglichen Qualen und permanenter Selbstverachtung völlig artfremd ein BWL-Studium beendet mit einer Diplomarbeit in Arbeits- und Organisations-psychologie. Um mich noch ein paar Jahre vom Arbeitsmarkt fernzuhalten hatte ich den Plan entwickelt, eine Doktorarbeit zu schreiben.

Wir waren unfassbar dicke Freunde geworden und mittlerweile der festen Überzeugung, dass der scheinbar unvermeidbare Weg ins Erwachsenenleben sich gemeinsam deutlich leichter ertragen liess. Also nahmen wir uns vor, sowohl meinen Psychologieprofessor als auch Kleintis Chef zu überzeugen, dass ich als Mann der Wissenschaft eine Doktorarbeit über Qualitätsmanagement im Maritim Hotel Bonn schreiben sollte, mit Kleinti als Mann der Praxis an meiner Seite. Professor und Hoteldirektor gaben erstaunlicherweise grünes Licht.

Wären unsere Pläne aufgegangen, der Welt wären einige leuchtende Nächte vorenthalten worden, zum Glück griff jedoch eine gnädige Schicksalsmacht zugunsten der Kunst ein mithilfe einer Welle von betriebsbedingten Kündigungen, die Kleinti von einem Tag auf den anderen den Job als Food-and-Beverage-Sklave kostete, was natürlich auch meine Ambitionen auf ein Dasein als Doktorand im Maritim-Konzern deutlich abkühlte.

Nun, gewinnen kann jeder, die wahre Grösse eines Menschen zeigt sich meistens viel deutlicher im Umgang mit Niederlagen und wir reagierten instinktiv mit einem Rückzug auf unsere Kernkompetenz und gingen uns ganz garstig betrinken.

Von der folgenden Nacht blieben uns kaum belastbare Erinnerungen, dafür allerdings eine klare Erkenntnis: Wenn sie uns unsere Kompromisse nicht leben lassen, müssen wir eben unsere Träume leben.

Als wir am nächsten Nachmittag zu uns kamen erwachten wir in einer völlig neuen Existenz. 

Wird in unregelmässigen Abständen fortgesetzt…